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Über die eigene Schreibtischkante hinaus agieren – die sich wandelnde Rolle der Assistenz 4.0
Durch die zunehmende Digitalisierung ändern sich Arbeitsabläufe und -weisen und somit auch die Anforderungen an Assistenz und Sekretariat. Wie dieser Wechsel effizient gestaltet werden kann, erklärt Andrea Kaden in Ihrem Seminar „Das digitale Office“. Die Effizienz- und Digitalisierungs-Expertin ist bereits seit 2009 als Ms. Paperless nicht nur bundesweit, sondern auch international (Kanada und USA) tätig.
Frau Kaden, durch die Digitalisierung von Prozessen und Strukturen werden Office-Mitarbeiter vor neue Herausforderungen gestellt – welche sind das? Und welche Fähigkeiten sind daher jetzt gefragt?
Die Mitarbeiter müssen lernen, dass digitale Prozesse selten das Abbild der papiernen Prozesse sind, sondern anders und idealerweise auch schneller verlaufen. Eine absolut wichtige Fähigkeit ist daher, in Prozessen zu denken, die deutlich über die eigene „Schreibtischkante“ hinaus reichen. Auf der Soft Skill-Ebene ist es wichtig, offen und experimentierbereit zu sein und sich zu vernetzen. Um die immer komplexeren Systeme zu verstehen, wirklich produktiv zu sein, braucht es Zeit und Konzentration. Wer morgen noch erfolgreich und auch gesund im Arbeitsleben sein will, muss die Fähigkeit zu “Deep Work“ haben.
Es kommen immer neue Tools auf den Markt, die die interne Kommunikation vereinfachen sollen – was sind must-haves, was sind nice-to-haves? Wie erkenne ich den Mehrwert?
Es ist gut, dass es immer neue Tools gibt, weil es auch immer neue Spezialanforderungen gibt. Aber im Unternehmen muss nicht jedes ausprobiert werden. Allerdings sollte es Interessierte/Verantwortliche geben, die immer wieder ausprobieren und den Mehrwert an den Anforderungen der täglichen Arbeit messen. Heutzutage ist ein guter Standard, für interne Kommunikation ein Kollaborations-/Chattool, wie Teams von Microsoft oder Slack, zu nutzen und die Kommunikation per Mail für die externe Kommunikation vorzubehalten. Wichtig ist, dass man sich im Team/Unternehmen auf Spielregeln einigt, welche Information wohin gehört, wie die idealen Reaktionszeiten intern und nach extern sein sollen. Mehr Kommunikation heißt nicht zwangsweise mehr Produktivität und Wertschöpfung!
„Wie besprochen“: Ein Kollege schickt mir unkommentiert und ohne Anrede eine Datei. Wie beeinflussen die digitalen Tools unsere Umgangsformen? Und sehen Sie hier Veränderungsbedarf?
Unbedingt beeinflussen die digitalen Kommunikationstools auch unsere Umgangsformen. Intern wie extern wird die Kommunikation schneller und formloser. Ein Grund dafür ist auch die zunehmende Internationalisierung in Unternehmen. Es wird viel mehr geduzt und auch E-Mails haben inzwischen häufig Chatstil. Ich sehe keinen Veränderungsbedarf, weil die Welle der Weiterentwicklung so mächtig ist, dass man sich nicht dagegenstemmen kann. Hilfreich sind aber auch hier Absprachen für den Umgang miteinander, zumindest innerhalb des Unternehmens. Zu den Absprachen sollte eine Form von Etikette gehören und es sollte allen klar sein, dass eine „Ein-Wort-Mail“ in den seltensten Fällen ein persönlicher Angriff ist, sondern lediglich dem Wunsch nach Schnelligkeit geschuldet ist.
Wie man weiß, ist Amazon-CEO Jeff Bezos kein Fan von PowerPoint Slides. Sie verleiten dazu, in Meetings lange Texte langweilig abzulesen. Wie präsentiere ich richtig und wirkungsvoll?
Auch wenn das neue PowerPoint viele tolle Funktionen hat, sollte man solche Präsentationen sehr zurückhaltend einsetzten. Zeitgemäß sind heute große, überzeugende Bilder, die das Gesagte, vielleicht mit einer Metapher unterstreichen und wenig Text auf Folien. Zahlen, Daten, Fakten im Meeting abzulesen ist Zeitverschwendung. Diese Informationen hätte man Teilnehmenden auch vorher zukommen lassen können, um im Meeting dann nur über Unklarheiten oder Weiterentwicklung zu sprechen. Momentan angesagt sind Live-Visualisierungen auf dem papiernen Flipchart oder einem digitalen Smart Board. Es geht darum, das Thema vor den Teilnehmenden zu entwickeln – das erhöht die Chance, dass die Teilnehmer folgen und sich beteiligen können drastisch.
„Jeff, Hallo? Ich kann Sie leider nicht hören“ – wieder ein Problem mit der Konnektivität bei der Telko. Es ist aber nun mal so, dass immer häufiger die Personen, die in ein Meeting eingeladen werden, nicht an einem Ort sind. Was muss man tun, damit diese Probleme endlich der Vergangenheit angehören?
In diesem Kontext ist die Technik Ursache und Wirkung zugleich. Die Weiterentwicklung der Technik macht Telkos und Online Meetings erst möglich und begrenzt sie zugleich. Und da kann man in der Tat nicht alles beeinflussen. Idealerweise wird mit der Einladung eine Agenda und eine technische Checkliste an alle Teilnehmenden versandt. Wenn alle, insbesondere natürlich der Organisator, gut vorbereitet sind, den Technikcheck gemacht haben, sich 15 Minuten vorher einwählen, die Rollen (Inputgeber, Moderator, evtl. Zeitnehmer) vereinbart sind, lässt sich eine deutliche Qualitäts- und Effizienzsteigerung von Telkos und Onlinemeetings erreichen.
Das Meeting ist zu Ende. Muss ich jetzt wirklich ein Protokoll schreiben? Das nimmt doch nur unnötig Zeit in Anspruch – gibt’s da nicht was Neues in der Vor- und Nachbereitung?
Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Aufsichtsratssitzung), bei denen gesetzlich ein Protokoll vorgeschrieben ist, ist Protokollschreiben Doppel- und damit unnötige Arbeit. Protokolle haben einen historischen Hintergrund, den es so heute nicht mehr gibt. Idealerweise werden alle Aufgaben, Termine, Verantwortlichkeiten, die im Meeting besprochen werden, gleich live in die entsprechenden Abarbeitungssysteme (z.B. Projektmanagementsysteme wie Planner, Trello, Meistertask), auf die alle Beteiligten Zugriff haben, eingetragen. Nach einem Meeting Protokoll zu schreiben ist auch in der Regel Doppelarbeit und damit Verschwendung, weil die besprochenen Aufgaben dann ja noch mal in die persönlichen Abarbeitungssysteme übertragen werden müssten.
Für Sie als TÜV-zertifizierte Datenschutzexpertin ein Beispiel zum Thema Datensicherheit: Ein sensibler Bericht an die Geschäftsleitung muss versendet werden, der nicht in die falschen Hände geraten darf – worauf muss ich achten?
Idealerweise werden solche Berichte überhaupt nicht versendet, sondern in gemeinsam genutzten Speicherplätzen (z.B. SharePoint), bei denen die Zugriffsrechte sehr dezidiert vergeben werden können, abgelegt. Und es wird nur ein Link versandt. Für besonders vertrauliche Dokumente, die vielleicht auch mit extern geteilt werden sollen (z.B. Wirtschaftsprüfer) empfiehlt sich in jedem Fall die Nutzung eine Datenraums, wie z.B. Brainloop, IDGuard oder Dataroomx, bei denen noch einmal besondere Sicherheitseinstellungen eingerichtet werden können.
Und zuguterletzt: Bei all den neuen Technologien und Methoden – wo sehen Sie die zukünftige Rolle des Sekretariats 2030?
Ich sehe 2030 in Unternehmen kein Sekretariat mehr. Die Rolle der Assistentin, die ein fachliches Spezialgebiet hat, z.B. Präsentationen erstellen, Reden schreiben, Wissensmanagement voranbringen, Key-User für bestimme Software, Veranstaltungen organisieren und dennoch breit aufgestellt ist, könnte es aus meiner Sicht noch geben. Eine Person, die nur für einen Vorgesetzten zuständig ist, wird sich, außer vielleicht beim Vorstand großer Konzerne, kein Unternehmen mehr leisten wollen. Zudem werden Mitarbeitende im mittleren Management und selbst Vorstände immer selbständiger. Abgesehen davon werden Werkzeuge wie Alexa und Co. vermehrt Einzug halten und viele heute noch von Sekretärinnen erledigte Tätigkeiten wird es so nicht mehr geben. Die Chance für Assistentinnen besteht meiner Ansicht nach in einer Spezialkompetenz aus der Kombination von vernetztem Denken und Handeln sowie den besonderen Soft Skills, die Assistentinnen häufig haben. Sekretärinnen, die nicht fit mit den jeweils digitalen Werkzeugen sind, werden es sehr schwer haben. Das trifft aber auch auf viele andere Berufe zu.
Erleben Sie Andrea Kaden live auf dem Seminar „Das digitale Office“ am 21./22. Oktober 2019 in Bad Homburg und am 5./6. Dezember in Starnberg.
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