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„Zukünftig werden wir dem Patienten nicht mehr ein Messer in den Bauch rammen müssen“


Prof. Dr. David Matusiewicz ist Professor für Medizinmanagement an der FOM Hochschule und Gründer der Digital Health Academy. Auf der Fachkonferenz „Das digitale Krankenhaus“ spricht er über Chancen und Grenzen der digitalen Transformation.

 

Herr Matusiewicz, Führungskräfte und Entscheider aus Krankenhäusern befinden sich im Krankenhaus in einer „Kultur zwischen etabliertem Stillstand und disruptiven Sprüngen“. Sie sagen, das Digitale stoße aktuell einen „schöpferischen Prozess der Zerstörung“ an. Was meinen Sie damit?

In den letzten Jahrzehnten gab es wenig Veränderung. Wir haben in der Vergangenheit über neue Vergütungsmodelle gesprochen, auch ein wenig über das Thema Führung. Aber was jetzt passiert, ist ein fundamentaler Wandel. Das erzeugt Handlungsdruck. Die Führungskraft muss nun in kurzer Zeit umlernen. Der Krankenhausmanager muss heute nicht nur Arzt, sondern auch ein kleiner BWL‘er und dazu auch ein kleiner Informatiker sein. Damit er versteht, wie sich die Digitalisierung auf die Geschäftsprozesse und das Geschäftsmodell auswirkt.

 

„Auf der einen Seite sprechen wir bereits über neueste Technologien, auf der anderen Seite funktionieren im Krankenhaus oft die einfachsten Dinge nicht.“

 

Das fängt bei irgendwelchen Softwareprodukten an und hört bei nicht vorhandenem W-Lan auf. Und in diesem Kontinuum zwischen etabliertem Stillstand und disruptiven Sprüngen liegt die Wahrheit. Und da ist noch jede Menge zu tun, um vom Ist- zum Soll-Zustand zu kommen.

 

Welche Auswirkungen hat das auf das Geschäftsmodell Krankenhaus?

Wir lernen aus der Plattformökonomie, dass Daten eine große Rolle spielen. Und dass man mit Daten sehr viel genauer, gezielter Therapien anbieten kann. Das fängt bei der Diagnostik an und hört bei der Nachsorge auf. Auf das Geschäftsmodell wirkt sich das so aus, dass wir mit Smart Data not Big Data zukünftig mehr verdienen können als mit einer einzelnen Prozedur. Das heißt, wie werden zum einen Geschäftsmodelle haben, die auf Daten basieren. Zum anderen werden wir mit der Behandlung früher anfangen, das heißt in der gezielten Prävention. Ich sag mal überspitzt:

 

„Zukünftig werden wir dem Patienten nicht mehr ein Messer in den Bauch rammen müssen, weil Prävention und Diagnostik viel früher gelagert sein werden, so dass es gar nicht mehr zu einer Operation kommt.“

 

Stichwort „Smart Data not Big Data“: Was heißt das konkret für den Arzt? Bedeuten Plattformlösungen nicht auch, dass sich Routinedaten und Interdependenzen massiv erhöhen?

Routinedaten dienen Abrechnungszwecken und da werden ja jetzt schon sehr viele standardisierte Daten generiert. Das sind Arztkontakte, Prozeduren, Operationen. Das sind retrospektive Daten, die – wenn ich böse formuliere – mit der Realität nicht immer etwas zu tun haben. Der Unterschied zu Smart Data ist, dass man die interessanten Daten heraussucht, die einen positiven Effekt haben auf die Versorgungsqualität haben. Dafür brauchen wir Patientendaten, die keine Momentaufnahmen sind. Wie bewegt er sich? Wie ernährt er sich? Das fängt bei Umcodierung an und endet dann bei entsprechenden Prozessänderungen. Ein Beispiel: Man kann mit intelligenten Pflastern arbeiten und hier über einen längeren Zeitraum beobachten. Und diese Daten müssen dann auch in den Prozess mit aufgenommen werden.

 

Haben Sie ein weiteres Beispiel?

Ja, nehmen wir so ein simples Beispiel wie Blutzuckermessung. Heute sterben immer noch Menschen, weil sie unterzuckert sind. Mit einem intelligenten Pflaster kann ich über einen längeren Zeitpunkt fernab der Klinik monitoren. Ich kann mich mit dem Patienten austauschen. Und wenn da etwas entgleist, kann ich vor allem frühzeitig intervenieren.

Ein weiteres Beispiel finden wir in der Kardiologie, wo Patienten monitort werden und so eine Notaufnahme verhindert werden kann.

 

„Digital vor ambulant vor stationär.“

 

Das muss das neue Mantra sein. Mit Patienten zukünftig früher in Kontakt und Interaktion treten zu können.

 

Ein Blick über den Tellerrand: Wie weit sind denn unsere Nachbarn?

Deutlich weiter. Letzte Woche habe ich mir einen Vortrag zum Beispiel über Estland angehört. In Estland können Sie sich jederzeit ansehen, welche Daten in Ihrer elektronischen Patientenakte gespeichert sind und wer sich welche Daten heruntergeladen hat. Und auf diese Daten haben alle Behörden zentral Zugriff. Krankenhaus, Kommune, Feuerwehr. Man kann natürlich auch Freigaben schalten und sehen, wer darauf Zugriff hat.

Da wurde jetzt letztens von einem Minister der Datensatz gehackt. Und der Minister sagte, ja, es sei nicht gut, dass man die Daten lesen konnte, aber man könne mit einer Blockchain-Technologie die Verantwortlichen tracken und zur Rechenschaft ziehen. Und es sei von immensem Vorteil, dass die Daten zentral online sind. Denn Redundanzen, Datenverlust, Schnittstellenprobleme gehören damit der Vergangenheit an.

Und von dieser Mentalität können wir lernen. Estland sagt von sich: “We are the coolest digital society in the world.“ Wenn das jemand in Deutschland sagen würde, würden alle lachen.

 

„In Deutschland muss alles immer perfekt sein und man geht keinen Schritt weiter, bis es nicht einen Konsens über alle Lobbyistengruppen hinweg gibt“.

 

Und das ist der kleine, mentale Unterschied: Diese kleinen Länder sind erfolgreich, weil sie einfach machen. Natürlich gibt es noch Risiken, wie das Hacken der Daten des Ministers gezeigt hat, klar, aber der Nutzen überwiegt.

 

Wie kann man heute Mitarbeiter mitnehmen und fit machen für die digitale Transformation?

Steve Jobs hat einmal gesagt: “The next big thing is education.“ In Deutschland wird auf Podien darüber aktuell gesprochen. Aber was passiert? Da hört sich der Geschäftsführer dann Vorträge an und wenn er wieder zurück in sein Krankenhaus kommt, ist alles wie vorher. Und manche sind vielleicht auch froh darum, wenn Sie nicht viel verändern müssen. Das Wissen diffundiert nicht herunter.

 

„Digitalisierung findet aber beim einzelnen Mitarbeiter statt, der in seinem Arbeitsbereich Dinge verändern muss.“

 

Und damit das gelingt, ist es meiner Meinung nach ganz wichtig, dass das Thema “corporate education“ eine höhere Rolle spielt. Sei es bei der Pflegekraft, die mit Hilfe von Digitalisierung Bürokratieabbau betreibt und mehr Effizienz in die Prozesse bringt, ob das der Verwaltungsmitarbeiter ist, der über das Softwaretool Analysen fährt, oder auch die Krankenschwester, die jetzt mit neuen Apps zu tun hat, die der Patient vielleicht mitbringt. Diese Leute mitzunehmen, da sind wir in Deutschland noch nicht weit genug. Und daher ist es unsere Mission und Vision der Digital Health Academy, das breite Wissen in die Belegschaft zu bringen. Wir reden zwar über viele digitale Themen aktuell, von Künstlicher Intelligenz, Clouds, keine Ahnung, was, aber wer setzt sich mit den Mitarbeitern hin und erklärt denen, was die brauchen oder vielleicht auch nicht brauchen. Und das ist unser Ansatz: Die Digitalisierung voran zu treiben. D.h., von A bis Z die Technologie zu erklären. Aber auch die Kultur des “open mind“ zu vermitteln, dass man nicht nur die Gefahren sieht, sondern auch die Chancen erkennt, um im kritischen Diskurs Stand halten zu können.

 

Erleben Sie David Matusiewicz  live auf der Fachkonferenz „Das digitale Krankenhaus“ am 11./12. Dezember 2019 in Nürnberg.

© Fotograf: Tom Schulte/FOM

Prof. Dr. D. Matusiewicz, 2019

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