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„Digitalisierung macht vielen Entscheidungsträgern im Vertrieb Angst“

„Digitalisierung macht vielen Entscheidungsträgern Angst, bietet aber gerade dem Vertrieb große Chancen“, so die These von Dr. Enrico Purle. Er ist Professor für BWL – International Business, Industriegütermarketing und -vertrieb an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mosbach, Campus Bad Mergentheim. Der anerkannte Experte wird die Fachkonferenz ‚Digitalisierung im Vertrieb‘ am 26./27. Juni in München leiten und erklärt im Interview welche Veränderungen die Digitalisierung mit sich bringt.

Management Forum Starnberg: Wo im Vertrieb macht sich die Digitalisierung schon bemerkbar – und wo ist sie Vision?
Prof. Enrico Purle: Führende Unternehmen in wettbewerbsintensiven Branchen haben sie bereits im gesamten Vertriebsprozess etabliert. Von der Vertriebsstrategie über die Vertriebsplanung und –organisation bis hin zum operativen Verkaufsprozess und zum Vertriebscontrolling. Andere beharren noch auf weitgehend analogen Prozessen. Die Umsetzung von Veränderungen, so sagt es auch das Change Management, ist eben für manche schwieriger als für andere. Langfristig wird der Wettbewerb zeigen, wer überlebt. Meine Erkenntnis ist: Kunden wollen die Vorteile der Digitalisierung nutzen, die Unternehmen müssen liefern.

MFS: Welche Vorteile sind es, die die Kunden wollen?
Prof. Enrico Purle: Kunden erwarten das gleiche wie immer. Der Anbieter soll pünktlich und in erwarteter Qualität bei einem guten Preis-Leistungsverhältnis liefern. Der Digitalisierungsgrad eines Lieferanten ist dabei nicht erheblich, solange der Anbieter die vorgenannten Kundenanforderungen erfüllt. Aber die Digitalisierung bietet die Möglichkeit, diese Kundenanforderungen besser und effizienter zu erreichen: so zum Beispiel mit zielgenauerer Beratung für Produkte mit Beratungsbedarf und mit schneller Lieferung, insbesondere für Standard-Produkte. Auch bei der Convenience hilft die Digitalisierung – der Kunde möchte einfach und 24/7 bestellen können. Steigt durch die Digitalisierung die Effizienz von Prozessen, können Produkte mit besseren Margen verkauft werden. Das alles sichert die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.

MFS: Welche neuen Anforderungen an den Vetrieb ergeben sich?
Prof. Enrico Purle: Die wohl größte Herausforderung ist die enge Abstimmung von Vertrieb und Marketing: Diese Abteilungen gehören idealerweise zusammengelegt. Denn es geht um die Multi-Channel-Betreuung entlang der Customer Journey, über alle Customer Touchpoints hinweg. Traditionell sind die Offline-Kundenkontaktpunkte Aufgabe des Vertriebs und die Online-Kundenkontaktpunkte Aufgabe der Marketing-Abteilung. Heute informieren sich Kunden aber bereits vor der ersten Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Lieferanten intensiv über ein Produkt. In vielen Branchen ist die Kaufentscheidung schon weitgehend gefallen, bevor der Verkäufer ins Spiel kommt. Daher sollten alle Kundenkontaktpunkte künftig aus einer Hand gemanagt werden und das rührt am Selbstverständnis sowohl der Marketing- als auch der Vertriebsspezialisten. Hier ist effektives Change Management gefragt.

MFS: Wie sehen die neuen Verkaufsansätze konkret aus?
Prof. Enrico Purle: Multi-Channel ist der Schlüssel. In der Vergangenheit ging der Vertrieb mit dem Katalog zum Kunden, hat Produkte erklärt und bei der Auswahl geholfen. Das braucht er heutzutage nicht mehr. Standardprodukte sollten aus Kostengründen zukünftig über die elektronischen Kanäle effizient und einfach zum Kunden gebracht werden. Hier geht es um eine automatisierte kundenindividuelle Ansprache auf Basis automatisierter Datenanalyse. Eine persönliche Beratung ist nur noch für Produkte angezeigt, die tatsächlich erklärungsbedürftig sind. Kunden sind in der Regel sehr gut informiert, kennen die Konkurrenzangebote. Bei Kundengesprächen steigt der Vertriebler heute also an einer anderen Stelle ein. Vertriebsmitarbeiter müssen deshalb weiterhin sehr gute Zuhörer und Berater sein. Ein Seitenaspekt dieser Entwicklung: Der Umsatz, den ein etablierter Kunde mit Standardprodukten über Online-Kanäle macht, wird eigentlich nicht mehr – wie in der Vergangenheit – durch den zuständigen Vertriebsmitarbeiter generiert. Daher müssen in diesem Zuge auch die Anreiz- und Entlohnungssysteme für den Vertrieb überdacht werden.

MFS: Welche neuen Qualifikationen benötigen Vertriebler?
Prof. Enrico Purle: Viele der klassischen Anforderungen an einen Vertriebler bleiben identisch. Das Verständnis des zielgerichteten Einsatzes von IT im Vertriebsprozess sollte gestärkt werden. Darauf sind viele Vertriebsleiter und –experten bisher noch nicht ausreichend vorbereitet. Die Datenanalyse und Ableitung von Kundenplanung sind wichtige neue Tätigkeiten. Ebenso die Beratung mittels IT-Unterstützung. Auch im B2B-Märkten werden sich Empfehlungsfunktionen online und als Unterstützung für den persönlichen Verkauf etablieren, die wir bisher von Amazon kennen: „Andere Kunden, die dies kauften, kauften auch das.“ Der Einsatz von Big Data und Machine Leaning zur Befähigung solcher Funktionen wird in wenigen Jahren in vielen Branchen Standard sein.

MFS: Welche neuen Chancen bieten sich dem Vertrieb?
Prof. Enrico Purle: Der Vertrieb kann durch den Einsatz von digitalen Lösungen und Hilfsmitteln die Wettbewerbsfähigkeit des Gesamtunternehmens signifikant steigern: höhere Convenience, bessere Beratungsqualität, effizientere Prozesse zu niedrigeren Kosten. Den klassischen Vertriebsmitarbeiter vor Ort wird es in allen Branchen mit erklärungsbedürftigen Produkten weiterhin geben. Allerdings werden diese zukünftig durch digitale Hilfsmittel (zum Beispiel Apps) unterstützt werden. In einigen Branchen erlaubt die Digitalisierung das Etablieren neuer Dienstleistungen und das Erschließen neuer Kundensegmente.

MFS: Können Sie ein Beispiel nennen?
Prof. Enrico Purle: Ein Maschinenbauer kann beispielsweise vorbeugende Wartungstools zur Verfügung stellen. Sie erkennen im Vorfeld, wenn die Maschine nicht normal läuft. Der Kunde kann dann schneller handeln, so dass es nicht zu Problemen während des Einsatzes der Maschinen kommt. Das ist eine neue Dienstleistung, die der Maschinenbauer bisher nicht anbieten konnte. Mittels dieses neuen Wertangebots kann der Anbieter eine neue Einnahmequelle erschließen.

MFS: Wie gehen Unternehmen die Digitalisierung strategisch an?
Prof. Enrico Purle: Am Anfang sollte die Geschäftsmodellanalyse und –entwicklung, inklusive der Kundensegmentierung stehen. Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt sollten zudem das Change Management vorbereitet und Analysen zu Kundenanforderungen , Umwelt und Wettbewerb durchgeführt werden. Aus den Ergebnissen lässt sich eine Digitalisierungsstrategie für das Gesamtunternehmen oder den Geschäftsbereich ableiten. Im Bereich Marketing und Vertrieb sollten Projekte mit Kundenbezug Priorität haben.

MFS: Welche typischen Fehler werden bei der Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie gemacht?
Prof. Enrico Purle: Der größte Fehler ist wohl der Verzicht auf ein bewusstes Change Management. Der fehlende frühe Einbezug der Mitarbeiter führt später im schlimmsten Fall zu einer Ablehnung der geplanten Veränderungen durch Schlüsselmitarbeiter. Die Umsetzung von Insellösungen ohne Einbindung in eine Gesamtstrategie ist ein weiterer häufig zu beobachtender Fehler. Die fehlende Unterstützung einer Digitalisierungsinitiative durch die Geschäftsführung beziehungsweise alle Mitglieder des obersten Führungskreises ist ein weiterer sehr wichtiger Faktor, der zum Scheitern einer solchen Initiative führen kann. Blockierer sollten daher frühzeitig identifiziert werden und die Chance bekommen, Einsicht zu erlangen und sich weiterzuentwickeln.

MFS: Wie überzeugen Unternehmen die Blockierer?
Prof. Enrico Purle: Fortbildungen sind eine gute Maßnahme. So wird Wissen aufgebaut, das Ängste vor der Veränderung nimmt. Man kann auch die Erreichung der variablen Gehaltsbestandteile an die Erreichung konkreter persönlicher Digitalisierungsziele hängen. Sobald klar wird, dass solche Maßnahmen nicht die erhoffte Wirkung erzielen, sollte sich das Unternehmen von dieser Führungskraft trennen, da die Veränderungsinitiative ansonsten maßgeblich negativ beeinträchtigt werden kann.

Sie treffen Prof. Enrico Purle und zehn weitere Experten auf der Fachkonferenz

Digitalisierung im Vertrieb
am 26./27. Juni in München
www.management-forum.de/vertriebdig

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